Humboldt-Universität zu Berlin - Musikwissenschaft

Edition der Gesammelten Schriften von Carl Dahlhaus

Ziele:

Disposition:

 

Carl Dahlhaus (1928-1989)

studierte 1947-1952 Musikwissenschaft an den Universitäten Göttingen und Freiburg, promovierte 1953 in Göttingen mit einer Arbeit über die Messen von Josquin. 1950-1958 war er als Dramaturg am Deutschen Theater in Göttingen tätig, 1960-1962 als Redakteur der Stuttgarter Zeitung, 1962-1966 als Sachbearbeiter für musikalische Landesforschung an der Universität Kiel, an der er sich 1966 mit Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität habilitierte. Seit 1967 war Carl Dahlhaus Ordinarius für Musikgeschichte an der Technischen Universität Berlin. Dahlhaus war Editionsleiter der Richard-Wagner-Gesamtausgabe, Herausgeber des Neuen Handbuchs der Musikwissenschaft und Mitherausgeber von Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Seine Hauptarbeitsgebiete waren die Musikgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die Musikästhetik und Musiktheorie. Dahlhaus war Mitglied des Ordens Pour le mérite und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung sowie Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und des Musikpreises der Stadt Frankfurt 1987.

Wie kaum ein anderer Musikwissenschaftler hat Dahlhaus durch sein Werk die Entwicklung der modernen wissenschaftlichen Musikgeschichtsschreibung und die Literatur über Musik insgesamt beeinflußt, weit über die nationalen Grenzen Deutschlands hinaus. Dahlhaus’ internationaler Bedeutung als einem der Großen der Musikwissenschaft entspricht es, daß sein Œuvre, das eine kaum je wieder erreichte Spannweite besitzt, insbesondere aber auch seine methodologischen Auffassungen und die theoretischen Dimensionen seines Werks seit langem in der internationalen Forschung intensiv diskutiert werden. Die moderne Musikwissenschaft ist ohne Dahlhaus nicht denkbar.

Angesichts des großen internationalen Interesses am wissenschaftlichen Lebenswerk des 1989 verstorbenen Berliner Musikologen Carl Dahlhaus erscheint eine diesem Interesse und der nachhaltigen Wirkung seines Werkes gerecht werdende und den Anforderungen wissenschaftlicher Arbeit entsprechende Ausgabe seiner Schriften dringend geboten. Diese soll nun, nach einer längeren Zeit der Planung und Vorbereitung, zügig in Angriff genommen und innerhalb eines überschaubaren Rahmens von wenigen Jahren zum Abschluß gebracht werden. Vorgesehen ist eine wissenschaftlich betreute Sammelausgabe, nicht eine historisch-kritische Gesamtausgabe. In 10 Bänden im Umfang von jeweils etwa 700 Seiten sollen die wichtigsten und für die wissenschaftliche Diskussion sowie die Dokumentation der Entwicklung des Faches primären Texte Dahlhaus’ herausgegeben werden. Ergänzt wird die Herausgabe der Texte durch editorische Anmerkungen, in welchen in einer auf das Wesentliche reduzierten Form vor allem die Fundstellen der Zitate anderer Autoren in den Texten nachgewiesen werden; dazu treten ein vollständiges Verzeichnis sämtlicher erreichbarer Schriften des Autors (wobei die uns bekanntgewordenen Übersetzungen in andere Sprachen ebenfalls bibliographisch nachgewiesen werden sollen) sowie Register, die einen schnellen und zuverlässigen Zugang zum Gesamtwerk von Carl Dahlhaus ermöglichen.

 

Die Bedeutung der Schriften

Als Dahlhaus, noch nicht einundsechzigjährig, nach langer Krankheit im März 1989 in Berlin verstarb, hinterließ er ein Werk von immensen Ausmaßen. Die Breite der Themen, die Dahlhaus in Büchern, Aufsätzen und Artikeln behandelt hat, zeugt von einer heute kaum noch anzutreffenden Universalität. Sie reicht historisch vom Mittelalter bis zur Gegenwart – von Josquin über Bach, Beethoven, Wagner zu Schönberg und der Neuesten Musik –, systematisch von der Musiktheorie bis zur Ästhetik und Historik. Um Dahlhaus’ Musikwissenschaft zu kennzeichnen, seien vier Momente hervorgehoben: Erstens besitzt sie eine die Fachgrenzen mühelos hinter sich lassende Weite des Blickes, die es ihr ermöglicht hat, Ergebnisse und Methoden anderer Wissenschaften – von der Philosophie über die Geschichtsforschung zur Literatur- und Theaterwissenschaft – auf originelle Weise in die musikologische Reflexion einzubeziehen, zugleich aber bleibt sie konkret auf die musikalischen Zusammenhänge gerichtet.
Zweitens ist sie – in der Geschichte der Musikologie bahnbrechend – geprägt durch ein Ineinandergreifen von systematischen und historischen Momenten, insofern es für sie keine historische Forschung ohne theoretisch-systematische Basis und umgekehrt keine systematische Untersuchung ohne Wissen um die geschichtlichen Wandlungen gibt.
Drittens zeigt sie modellhaft, wie historische Musikforschung an der Entwicklung der Neuen Musik kritisch zu partizipieren vermag, und wie sich umgekehrt für die historische Forschung Erfahrungen mit der Avantgarde fruchtbar machen lassen. Viertens verwebt sie die verschiedenen Teildisziplinen der Musikwissenschaft, auf welche sie sich erstreckt, in faszinierender Weise ineinander.
 

Ziele der Ausgabe

Es ist das Ziel des hier vorgestellten Projektes, dieses nach Breite und Qualität in der Musikwissenschaft des 20. Jahrhunderts einzigartige wissenschaftliche und kritische Œuvre in angemessener Breite zu publizieren. Denn dieses bedeutende Werk liegt bisher nur fragmentiert und verstreut vor: Eine große Anzahl von wissenschaftlichen Zeitschriften, Kongreßberichten und schwer zugänglichen Tageszeitungen enthält den reichen Fundus an Aufsätzen, der neben die Bücher und Monographien tritt und das Bild der wissenschaftlichen Tätigkeit Dahlhaus’ und den Ertrag dieser Tätigkeit bereichert. Die breite wissenschaftliche Auseinandersetzung in zahlreichen Ländern, die in einer großen Zahl von Veröffentlichungen dokumentierbar ist, beruht oft auf einem unzureichenden Textfundament und einer rudimentären oder zumindest selektiven Wahrnehmung des Œuvres. Gerade diesen Œuvre-Charakter soll unsere Ausgabe deutlich machen und damit der bruchstückhaften und unzureichenden Rezeption entgegenwirken: den Zusammenhang einer Lebensleistung, außerdem die zwischen den Texten und zwischen den Arbeitsgebieten verlaufenden Stränge, und endlich die Konsistenz und Komplexität einer Argumentation, die sich vollständig oft erst im Zusammenhang mehrerer Texte erschließt. Diesen Zusammenhang ermöglicht erst eine systematische und konsequente Publikation, die alle Forschungskomplexe gleichermaßen zugänglich macht.

 

Bandeinteilung

Band I. Allgemeine Theorie der Musik 1
Historik
Grundlagen
Ästhetik

Band II. Allgemeine Theorie der Musik 2
Kritik
Musiktheorie/Opern- und Librettotheorie
Musikwissenschaft

Band III. Alte Musik
Musiktheorie von der Antike bis zum 17. Jahrhundert
18. Jahrhundert

Band IV. 19. Jahrhundert 1
Theorie/Ästhetik/Geschichte: Monographien

Band V. 19. Jahrhundert 2
Theorie/Ästhetik/Geschichte: Monographien

Band VI. 19. Jahrhundert 3
Theorie/Ästhetik/Geschichte: Aufsätze

Band VII. 19. Jahrhundert 4
Ludwig van Beethoven/Richard Wagner: Monographien und Aufsätze

Band VIII. 20. Jahrhundert
Historik
Ästhetik
Theorie
Oper
Arnold Schönberg

Band IX. Rezensionen
Miszellen und Glossen
Rezensionen
Programmheftartikel

Band X. Varia
Supplement-Band: Register und Verzeichnisse
Gesamt-Inhaltsverzeichnis
Register
Namen und Werke
Orte
Texte

 

Herausgeber

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hermann Danuser
Mitherausgeber

Prof. Dr. Hans-Joachim Hinrichsen
PD Dr. Tobias Plebuch
Redaktion

PD Dr. Burkhard Meischein
Dr. Clemens Fanselau
Astrid Pöhrings
Tobias Robert Klein
Verlag

Laaber Verlag